Freitag, 6. Februar 2009

John Banville: Die See

Der zweite Booker-Prize-Gewinner, den ich nicht mag. Bei "The Inheritance of Loss" von Kiran Desai schob ich es noch auf mangelndes intellektuelles Verständnis meinerseits. Auch war mir hinterher klar, dass man ein solches Buch nicht bei 26 Grad am Pool lesen sollte. Booker-Prize-Gewinner brauchen eine andere Stimmung - kühler, windiger, alles eher in braun und grün gehalten.

Damit konnte ich bei "Die See" (ich habe die deutsche Übersetzung gelesen) schon mal dienen: Es war Januar, draußen kühl, windig, braun-grün. Trotzdem hat es mir nicht gefallen.

Zeitungsleser, so wird Journalisten immer wieder eingebleut, stellen sich unterbewusst bei jedem Artikel die Frage "Warum soll ich das lesen?" Diese Frage soll der Autor möglichst schnell beantworten, aber dalli, sonst steigt der Leser nämlich aus.

Dem einen oder anderen Schriftsteller könnte man mal stecken, dass sich ihre Klientel genau das bisweilen auch fragt.

Ich frage also: Mr. Banville, warum soll ich das lesen?
Mr. Banville: schweigt.

Ich: Also gut, da ist also Ihr Ich-Erzähler, der sich Max nennt, aber anscheinend nicht so heißt, egal. Er hat seine Frau verloren, er versteht sich nicht mit seiner Tochter, er verdient sein Geld mit Biografien über Künstler, die keiner kennt. Um über den Verlust seiner Frau hinwegzukommen, mietet er sich in einer Pension an der irischen Küste ein. Hier hat er vor einem halben Jahrhundert als etwa Elfjähriger mit einer befreundeten Familie einen denkwürdigen Sommer verbracht - alles ein bisschen schwülstig, denn einerseits fühlte er sich zu den großen, weichen Brüsten der Mutter, andererseits zur knochigen, knabenhaften Tochter hingezogen (typische Alt-Männerphantasie, mir fallen gleich die Augen zu). Es gibt noch einen Bruder, der nicht spricht, Gründe werden keine genannt, und irgendwann gehen die Geschwister - die natürlich symbiotisch, liebespaarmäßig verbunden sind - gemeinsam ins Meer. Der Ich-Erzähler fühlt sich irgendwie schuldig. Am Ende besäuft er sich und landet auch fast im Meer, also in der See, wird aber gerettet, irgendwie.
Das alles also habe ich gelesen und mich auf jeder Seite gefragt: warum eigentlich. Haben Sie eine Antwort? Hallo? Mr. Banville?

Mr. Banville: schweigt. 218 Seiten lang. Sehr kleine Schrift.


John Banville. Die See. Goldmann, 2008. (Engl. The Sea, 2005)

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